Wortmeldung zum Klima-Aktionsplan 4. November 2024 von Bernd Herd Vielen Dank an Frau Michelle Ohl, dass Sie unsere Klimaschutz-Aktionen für die Stadt Bürstadt aufbereitet haben. Ihre Arbeit fasst die durchgeführten und bereits geplanten Aktionen der Stadt Bürstadt bis ins Detail zusammen. Kosten der Umweltschäden Klimaschutz ist die Herausforderung unserer Zeit. Zukünftige Generationen werden unsere Handlungen danach bewerten, was wir hier erreichen. Wie wichtig das ist, erkennt man, wenn man die Umweltschäden mit der allgemeinen Wirtschaftsleistung vergleicht. Das Umweltbundesamt schätzt die langfristigen Kosten je Tonne CO2 auf 858 €. Mit 674 Millionen t CO2 Für 85 Millionen Bürgerinnen und Bürger sind das im Mittel 8 Tonnen je Person und Jahr, und damit 32 Tonnen für eine Familie mit 2 Kindern. Das bedeutet, dass auf jede Familie im Durchschnitt Klimakosten von 27.000 € pro Jahr entfallen, die wir den kommenden Generationen aufbürden. Es ist vollkommen ausgeschlossen, dass unsere erfolgreiche Wirtschaftstätigkeit auch nur annähernd erlauben würde, genügend Wohlstand zu hinterlassen, um das auszugleichen. Klimaschutz ist nicht alles, aber ohne Klimaschutz ist alles nichts wert. Die von 17.000 Bürstädter Bürgerinnen und Bürgern verursachten Klimaschäden sind etwa vier mal so hoch wie der kommunale Haushalt. Ein Beispiel, wie solche Schäden in Zukunft aussehen könnten, kann man jetzt bei Valencia in Spanien sehen. Das Teuerste wäre es, nichts zu tun. Zeitliche Einordnung Vor 5 Jahren hat die Stadtverordnetenversammlung aufgrund eines Antrags der Grünen zur Ausrufung des Klimanotstands beschlossen, einen Masterplan Klimaschutz auszuarbeiten. Bis 2045 muss Bürstadt lt. Klimaschutzgesetz § 4 wie ganz Deutschland klimaneutral sein. Das sind noch 20 Jahre. Wir müssen also im Mittel pro Jahr 5% CO2 im Vergleich zu heute einsparen. Wäre alles nach Plan gelaufen, hätten wir in den letzten 5 Jahren nach Plan demnach 25% der heutigen Emissionen einsparen müssen. Wie viel CO2 plant denn unser Aktionsplan lt. eigener Aussage einzusparen? Alles zusammen gerechnet spart Bürstadt durch den Klimaschutz-Aktionsplan 211 Tonnen CO2/Jahr, oder 0,16 % der Gesamtemissionen von Bürstadt. Mit diesem Ambitionsniveau würde es 3200 Jahre dauern, bis wir klimaneutral würden. Gesetzlich vorgeschrieben verbleiben 20 Jahre. Fazit Bürstadt hat keinen nennenswerten Klimaschutz erreicht und der Klimaschutz-Aktionsplan ist ungenügend. Ursachen Ich sehe drei Ursachen hierfür: Der Klimaschutz-Aktionsplan beschreibt nur kommunale Emissionen und kommunales Handeln. Unsere Klimamanagerin als Mitarbeiterin der Verwaltung kann kein politisches Handeln planen. Das muss schon die Politik selbst tun. Das Ambitionsniveau ist zu niedrig, um unsere Pflichten zu erfüllen. 1. Nicht-kommunale Emissionen Der Löwenanteil der Emissionen stammt natürlich nicht aus der Heizung städtischer Kindergärten, aus städtischen Fahrzeugen, städtischem Stromverbrauch usw. sondern aus den Verbräuchen von Bürgerinnen und Bürgern, von Gewerbe, Landwirtschaft und Industrie. Außerdem tragen die trockengelegten Moore ihren Teil bei. Der bestehende Entwurf zum Klimaschutz-Aktionsplan umfasst aber nur kommunales Handeln. Wir müssen unsere Aufgaben in städtischer Politik wahrnehmen. Beispielsweise können wir den Fahrradverkehr fördern. Nicht mit Nebelkerzen wie der Smart City, sondern mit dem, was erwiesenermaßen wie in den Niederlande oder Kopenhagen funktioniert hat: Sichere Fahrradinfrastruktur. Wir Kommunalpolitiker tragen Verantwortung. Nicht Brüssel oder Berlin entscheiden darüber, wie wir den Platz zwischen Autos und Fahrrädern auf unseren Straßen aufteilen, das macht unsere kommunale Politik. Und wir sind es auch, die neue Baugebiete und Gewerbegebiete entwickeln, obwohl Bau und Abriss von Gebäuden sehr CO2-intensiv sind. Dabei haben wir die Gelegenheit nicht genutzt, den Bauherrinnen und Bauherren Auflagen zu machen, dass sie CO2-emissionsarm bauen müssen. Der Report E-Klima 2022 der deutschen Verkehrswissenschaftler empfiehlt Push- und Pull-Faktoren zu nutzen, um die Autonutzung zu reduzieren. Wenn wir beispielsweise das Autofahren verlangsamen, werden Gehen und Fahrradfahren sicherer, und Zug- oder Busfahren werden im Vergleich zum Auto zeitlich attraktiver. Und das entscheiden wir hier in Bürstadt, nicht das Land, der Bund oder die EU. 2. Die Diskussion gehört in die Politik Wir können als Politiker*innen nicht erwarten, dass unserer Klimaschutzmanagerin, die keine Entscheidungsbefugnisse hat, uns die unangenehmen Entscheidungen über verschiedene Klimaschutzmaßnahmen abnimmt. Vielmehr müssen wir als Kommunalpolitiker*innen Ziele im Einklang mit dem Bundes-Klimaschutzgesetz definieren und dann mit kompetenten Experten zusammen arbeiten, wie wir diese Ziele erreichen können. Bensheim z.B. listet auf der Homepage eine große Anzahl von Partnern auf, und auch Bürstadt könnte mit ihnen zusammen arbeiten. Das heißt: Die Zeit des Aufschiebens unangenehmer Entscheidungen muss enden. Wir müssen Ziele setzen. Wir müssen das für die Erreichung der Ziele Notwendige veranlassen. Wir müssen die Diskussion über teilweise unangenehme Maßnahmen aus dem Büro der Klimaschutzbeauftragten in die öffentliche Politik, in die Gremien verlegen, die auch Entscheidungsbefugnisse haben. Wir müssen akzeptieren, dass die notwendigen Maßnahmen nicht alle beliebt sind. 3. Das Ambitionsniveau Die Summe der Reduktionen im Aktionsplan sind auch daher so niedrig, weil vieles gar nicht bewertet werden kann. Wenn wir für 20 Millionen € unseren Luxus-Sportpark klimaschonend bauen, was wäre dann der Vergleichswert: Bauen wie in den 1950ern, oder gar nichts bauen? Jede Bautätigkeit erhöht die Emissionen. Nur je nach Ausführung eben mehr oder weniger. Die Planungen zum Wärmenetz 4.0 haben gezeigt, dass der Anschluss für die Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer im Vergleich zu einer eigenen Wärmepumpe je Haus nur rentabel ist, wenn die Stadt subventioniert. Dennoch haben wir das beauftragt, um staatliche Fördergelder zu erhalten. Klimaschutz kann nicht bedeuten, dass wir den Bestand in einem schlechten Zustand belassen und dann ein paar Leuchtturmprojekte umsetzen. In erster Linie müssen wir unsere Hausaufgaben machen, statt den Bürgerinnen und Bürgern mit Nebelkerzen einzureden, wir täten etwas. Zum Vergleich: Die Stadt Bensheim hat schon 2014 einen Masterplan Klimaschutz vorgelegt, der schon damals weit detaillierter und ambitionierter war, als der vorliegende Vorschlag für einen Aktionsplan für Bürstadt. Im Augenblick diskutiert Bensheim über Konzepte für die Überarbeitung zum Masterplan Klimaschutz 2.0. Was da diskutiert wird, geht über das Ambitionsniveau von Bürstadt weit hinaus. Beschlussvorschlag Die Grünen schlagen vor, die Verabschiedung des Klimaschutz- Aktionsplans in der vorliegenden Fassung nicht zu empfehlen. Der Ausschuss lädt stattdessen Experten ein, die den Ausschuss über geeignete Maßnahmen mit angemessenem Ambitionsniveau beraten. Dazu wird ein Arbeitskreis gebildet, der wöchentlich tagt und an den Bauauschuss berichtet. Der Arbeitskreis führt Diskussionen mit relevanten Akteuren, analog der Vorgehensweise in Bensheim. Beispielsweise: Vertretern aus der Wissenschaft, wie Jürgen Follmann von der h_da oder Sven Linow von der h_da Spezialisierte Klimaschutz-Berater wie Dr. Maria Real von Net Positive Cities NGOs für Klimaschutz: Energiegenossenschaft Starkenburg Fridays for Future Bensheim Klimabündnis Bergstraße BUND NABU Und weitere… Hessenforst IHK Und weitere… Downloads Download Zahlenwertberechungen hierzu: https://www.herdsoft.com/otp/aktionsplan/aktionsplan-berechnungen.ods Download der Markdown-Quellen (Zum Bearbeiten) https://www.herdsoft.com/otp/aktionsplan/aktionsplan-wortmeldung.md Download des Entwurfs des Klimaschutz-Aktionsplans von Frau Ohl: https://www.herdsoft.com/otp/aktionsplan/Klima-Aktionsplan Vers.%200.pdf