Die Grenzen des Wachstums… 48 Jahre Untätigkeit

Die Menschheit weiß seit Jahrzehnten, dass wachstumsorientiertem Wirtschaften eine Tendenz zur Selbstzerstörung innewohnt.

Ich will die Zustände nicht dramatisieren. Aber nach den Informationen, die mir als Generalsekretär der Vereinten Nationen zugehen, haben nach meiner Schätzung die Mitglieder dieses Gremiums noch etwa ein Jahrzehnt zur Verfügung, ihre alten Streitigkeiten zu vergessen und eine weltweite Zusammenarbeit zu beginnen, um das Wettrüsten zu stoppen, den menschlichen Lebensraum zu verbessern, die Bevölkerungsexplosion niedrig zu halten und den notwendigen Impuls zur Entwicklung zu geben. Wenn eine solch weltweite Partnerschaft innerhalb der nächsten zehn Jahre nicht zustande kommt, so werden, fürchte ich, die erwähnten Probleme derartige Außmaße erreicht haben, dass ihre Bewältigung menschliche Fähigkeiten übersteigt.

U Thant, 1969. Zitiert nach: Dennis Meadows: Die Grenzen des Wachstums. Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit. DVA Deutsche Verlags-Anstalt GmbH, Stuttgart, 1972.

Die Grenzen des Wachstums, 1972

1972 erschien eine damals viel beachtete Studie einer Gruppe von Wissenschaftlern am MIT (Massachutes Institut of Technology). Von diesem Buch wurden 30 Millionen Exemplare weltweit verkauft.

Die innovative Leistung der Wissenschaftlergruppe war es, dass sie mit den damals noch jungen Techniken der Systemtheorie ein mathematisches Modell der Weltwirtschaft bestimmt haben uns es mit den damaligen für heutige Begriffe primitiven Computern durchrechnen ließen.

In der Systemtheorie geht es darum, nicht nur die einzelnen Komponenten eines Systems mathematisch zu beschreiben, sondern die Vernetzung dieser Komponenten in das Modell zu integrieren, um das Verhalten des Gesamtsystems zu beschreiben. Als Student der Regelungstechnik in der 90er Jahren habe ich ausgiebig Systemtheorie gebüffelt, mit der man in der Regelungstechnik das Verhalten von komplexen Regelkreisen beschreibt.

Am MIT wurde ein interdisziplinäres Team gebildet, in dem unterschiedliche Wissenschaftler mathematische Beschriebungen für Teilkomponenten wie Bevölkerung oder Rohstoffe ermittelten. Das entstehende Gesamtsystem „World-3“ ist viel zu komplex für eine Analyse mit den mathematischen Methoden der Analysis, daher wurde es numerisch mit Computern untersucht.

Umweltverschmutzung

Für viele heute diskutierte Probleme gab es damals noch gar keine Begriffe. Aber das Wissenschaftlerteam hat erstaunliche Arbeit geleistet. Obwohl sie wussten, dass es an genau quantifizierten Messungen mangelte, konnten Sie schon damals feststellen.

Praktisch jeder Schadstoff, dessen Konzentration über eine gewisse Zeit gemessen wurde, scheint exponentiell zuzunehmen. […]

Deshalb steigt auch der Kohlendioxidgehalt der Luft gegenwärtig um etwa 0,2 Prozent jährlich an. […] Wenn die thermale Verschmutzung einen nennenswerten Bruchteil der von der Erde absorbierten Sonnenenergie erreicht, kann das zu schweren klimatischen Störungen führen.

Die Grenzen des Wachstums, Seite 59 folgende.

Bei Umweltschutzmaßnahmen haben die Wissenschaftler damals bereits berücksichtigt, dass

Scharfe Maßnahmen müssen nicht bedeuten, daß alle Schadstoffe restlos zurückgehalten werden. Das erscheint aus technischen wie aus wirtschaftlichen Gründen unrealistisch. Die Kosten nehmen mit dem Grad der verlangten Reinheit zu.

[…] weil sich auch verschiedene Arten von Umweltverseuchung nur äußerst schwer vermeiden lassen[…]

Die Grenzen des Wachstums, Seite 121 folgende.

Die Wissenschaftler hatten also noch keinen Begriff wie „Globale Erwärmung“ oder „Artensterben“. Aber es war ihnen damals schon klar, dass man wirksamen Umweltschutz wie Katalysatoren in Autos bezahlbar umsetzen kann. Dass dies aber an Grenzen stößt, wenn es um CO2-Emissionen geht.

Standardlauf

Der Standardlauf des Weltsystems „World-3“ ist für uns Menschen wenig vorteilhaft: Nach einigen Jahrzehnten erfolgreichen Wirtschaftswachstums kommt es zum Zusammenbruch der materiellen Versorgung gegen das Jahr 2050 und Milliarden von Menschen sterben.

Von Benutzer:Quark48 – Originalgrafik hier als SVG-Grafik nachgezeichnet., PD-Schöpfungshöhe, Link

Prüfung der Robustheit

Um die Robustheit ihres Weltsystems zu prüfen, haben die Wissenschaftler den Einfluss von ungenau bekannten Parametern des Systems wie der Menge an weltweit verfügbaren Rohstoffen auf die Vorhersage geprüft. Sie haben dargestellt, dass auch bei sehr optimistischen Annahmen zur Rohstoffförderung und Umweltschutz das Wachstum zwar länger aufrecht erhalten werden kann, es dann aber einige Jahrzehnte später zu einem umso intensiveren Zusammenbruch kommt.

Der Zusammenbruch resultiert also nicht aus der genauen Wahl der Parameter, sondern dem strukturellen Aufbau der wachstumsorientierten Weltwirtschaft.

Die Schlussfolgerung der Forscher war daher: Nur ein Abschied vom exponentiellen Wachstum kann langfristig eine katastrophalen Verlauf vermeiden.

30 Jahre Vorhersage

Das Buch enthält eine 28-Jährige Vorhersage über den Anstieg der CO2-Konzentration in der Erdatmosphäre. Wir können diese Vorhersage von 1972 mit den tatsächlichen Messwerten bis 2000 vergleichen:

Vergleich der Grafik aus „Die Grenzen des Wachstums“ Seite 60 (Schwarz) mit den Messwerten (Blau).

Man erkennt, dass die Wissenschaftler den Zusammenbruch der Sowjetunion in den 90er Jahren nicht vorhersehen konnten, aber im Wesentlichen durchaus recht behielten.

Kritiken

Ebenso wie man es heute von den IPCC-Berichten kennt, haben Konservative „Denker“ den Bericht damals als nicht aussagekräftig und politisch einseitig geprägt abgelehnt. Ebenso wie bei heutigen Klimaberichten hat es auch damals ausgereicht, durch dummes Geschwätz in einem Teil der Bevölkerung Zweifel zu säen, um politische Konsequenzen dieser wissenschaftlichen Erkenntnisse zu verhindern.

Sequels

Alle paar Jahre kamen aktualisierte Nachfolgestudien von „Die Grenzen des Wachstums“ heraus. Die damaligen Autoren bestätigen, dass sich die Welt im Großen und Ganzen anhand des damaligen „Standardlaufs“ entwickelt.

Im Juni 2008 veröffentlichte Graham Turner von der Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation (CSIRO) eine Studie, in der er die historischen Daten für die Jahre von 1970 bis 2000 mit den Szenarien der ursprünglichen Studie von 1972 verglich. Er fand eine große Übereinstimmung mit den Vorhersagen des Standardszenarios, das in einem globalen Kollaps in der Mitte des 21. Jahrhunderts resultiert.[31][32] Im Jahr 2014 veröffentlichte er eine aktualisierte Studie, in der er zu einem ähnlichen Schluss kam: Die Welt verändere sich weitgehend so, wie es dem business-as-usual-Szenario entsprechen würde.[33]

Wikipedia-Artikel zu „Die Grenzen des Wachstums“

2052

Das letzte Update war das Buch „2052“ von Jorgen Randers, der auch schon 1972 bei der ursprünglichen Studie mitgewirkt hat. 2052 betrachtet konsequent nur noch den Zeitraum bis 2052 und macht darüber hinaus kaum Aussagen.

Jorgen Randers hat sein ganzes Leben politisch für Ökologische Ziele gekämpft und wirkt in „2052“ recht zynisch:

Die gute Nachricht: Meiner Prognose zufolge wird der Lebensstandard in den nächsten 40 Jahren nicht plötzlich und massiv einbrechen. Betrachten wir das Gesamtbild, erkennen wir, dass einige gesellschaftliche Gruppen, insbesondere unter den aktuellen Eliten, in der Tat etwas durchmachen werden, was ihnen wie der Zusammenbruch ihrer Lebenswelt vorkommen wird.[…]

Die größte Herausforderung in unserer gemeinsamen Zukunft ist also nicht das Lösen der Probleme, sondern die Entscheidung, sie auch lösen zu wollen.[…]

Die Antwort der Menschen auf den Klimawandel wird gerade so stark (oder schwach) sein, dass es unmöglich ist einzuschätzen, ob diese Antwort den sich selbst verstärkenden Klimawandel in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts hervorrufen wird. […]

In meiner Prognose führen jedoch die CO2-Emissionen um das Jahr 2080 zu einer Höchsttemperatur von plus 2,8°C. Dieser Anstieg liegt über dem Schwellenwert, den Klimawissenschaftler als noch sicher annehmen.

Es wird spannend![…] wird das die Welt vor der Klimakatastrophe retten?

Jorgen Randsers: 2052. Der neue Bericht an den Club of Rome. oekom Verlag München, 2012. ISBN 987-3-86581-398-5 S277 folgende.

Noch mehr „erbauliches“ in den persönlichen Ratschlägen:

4. Erziehen Sie Ihre Kinder nicht zu Naturliebhabern.[…]

Diese Liebe zur Natur ist größtenteils erlernt wie unsere anderen Vorlieben.[…] Wenn Ihr Kind also das nächste Mal am Computer sitzt, Ihrer Meinung nach aber im Freien an einen Lagerfeuer sitzen sollte, sagen Sie lieber nichts. Wenn Sie Ihrem Kind beibringen, die Einsamkeit der unberührten Wildnis zu lieben, wird es etwas lieben, das es immer seltener geben wird.[…]

7. Wohnen Sie an einem Ort, der vom Klimawandel möglichst wenig betroffen ist.[…]

11. Raten Sie Ihren Kindern, Mandarin zu lernen[…]

Jorgen Randsers: 2052. Der neue Bericht an den Club of Rome. oekom Verlag München, 2012. ISBN 987-3-86581-398-5 S383 folgende.

Weiterlesen

Artikel kommentieren

Artikel kommentieren