Ein Spaziergang im Bürstädter Wald

Bernd Herd, Mitglied des Ortsverbands von Bündnis 90 / Die GRÜNEN.

Wenn man derzeit im Bürstädter Wald unterwegs ist, dann muss man feststellen, dass der Wald sein Gesicht verändert hat. Viele Bäume haben die letzten Sommer nicht überlebt, und so mussten sie von den Waldarbeitern gefällt werden.

So findet man nun große Areale, in denen nur noch wenige große Bäume stehen geblieben sind, während auf dem Waldboden Büsche und kleine Bäume verbleiben. Mit unserem Majestätischen Riedforst von früher hat das nicht mehr viel Ähnlichkeit.

Aber auch andere Baumarten sind betroffen. Hier zum Beispiel hat es eine Gruppe von Birken nicht überlebt:

Obwohl die Waldarbeiter so viele kranke Bäume bereits gefällt haben, sind viele Bäume im Wald nicht mehr standsicher. Ich bin schon seit Jahrzehnten viel mit dem Fahrrad im Wald unterwegs, aber erst seit 2019 versperren mit immer wieder umgefallene Bäume den Weg.

Man sollte sich gut überlegen, ob man bei stürmischem Wetter im Wald unterwegs sein will.

An vielen Stellen sieht der Wald aus wie eine Baustelle. Oder ein Baumfriedhof.

An vielen Stellen sieht der Wald aus wie eine Baustelle. Oder ein Baumfriedhof.

Irre ich mich, oder sieht man jetzt mehrt Efeu im Wald? Ein gesunder Wald mit dichtem Blätterdach lässt für den Efeu nicht genügend Licht bis zu den Stämmen durch.

Nun, da so viele Bäumkronen geschädigt sind, fällt mehr Licht bis zum Boden und Gras und Efeu breiten sich aus. Fachleute sagen ja, der Efeu sei kein Baumschädling. Aber starker Efeu-Bewuchs scheint dennoch ein Anzeichen für ein Problem zu sein.

Die Baumschäden betreffen überwiegend alte, große Bestände. Junge Bestände sehen dagegen auf den ersten Blick noch gesund aus. Sie haben halt nicht den Erholungswert wie die Majestätischen älteren Bestände.

Ursachen

Für diese unerwünschte Veränderungen werden folgende Ursachen diskutiert:

  • Veränderungen des Grundwasserspiegels
  • Krankheiten
  • Hitzestress
  • Dürre
  • Stürme
  • Klimawandel

Veränderungen des Grundwasserspiegels

Die Bürger, mit denen ich bisher gesprochen habe, verweisen gewöhnlich auf Veränderungen des Grundwasserspiegels. Bei uns im Ried ist der Grundwasserspiegel zwischen 1960 und 1980 um ca. 5 Meter gesunken, wodurch damals Baumbestände mit älteren Buchen in großer Zahl gestorben sind. Ich kann mich an diese Zeit erinnern. Allerdings habe ich dies nicht so dramatisch in Erinnerung, wie es heute ist. In den 1980ern wurde dann die Grundwasser-Infiltrierung in Biebesheim aufgebaut, was den Grundwasserpegel etwas angehoben hat.

Bei näherer Betrachtung erscheint mir die Veränderung des Grundwasserspiegels aber nicht als überzeugende Erklärung für das derzeitige Waldsterben. Es gibt in Hessen ein dichtes Netz von Grundwasser-Messstationen. Die Daten dieser Stationen sind öffentlich einsehbar unter http://lgd.hessen.de/mapapps/resources/apps/lgd/index.html?lang=de Dort habe ich eine Historie des Grundwasser-Pegels über die letzten Jahre an Meßstellen in der Nähe von Bürstadt abgerufen:

Man erkennt, dass die Grundwasserpegel vor 10 Jahren ähnlich niedrig waren wie jetzt und vor 20 Jahren sogar noch niedriger. Die gezeigten Messpunkte liegen teilweise im Wald, teilweise auf Äckern. Damit ist auch die Aussage, dass die Bauern durch verstärkte Bewässerung der Felder das Problem verstärkt hätten, nicht überzeugend.

Der Wald im Ried hat also in den 60er und 70er Jahren den Grundwasseranschluss verloren. Und jetzt verliert er durch den Klimawandel zu viel vom Oberflächenwasser.

Krankheiten

Hessen Forst sagt, dass der Bürstädter Wald durch eine Pilzkrankheit geschädigt wird. Teilweise kommen auch Schäden durch Borkenkäfer dazu. Dieses Video ist von Januar 2019. Seither haben die Schäden zugenommen:

Aber natürlich stellt sich da die Frage, wieso dieser Pilz in unserem Wald so überhand nehmen kann. Wie ein Mensch nie verhungert, sondern an Krankheiten stirbt die er aufgrund von Hunger nicht bekämpfen kann, so sind die Bäume im Bürstädter Wald zu schwach, um sich ausreichend gegen Krankheitserreger zu wehren.

Hitzestress

In den Sommern 2018 und 2019 sind in Deutschland ungewöhnlich hohe Temperaturen aufgetreten.

https://www.dwd.de/DE/klimaumwelt/klimaatlas/klimaatlas_node.html

Diese hohen Temperaturen führen bei Pflanzen zu Hitzestress

https://www.pflanzenforschung.de/de/pflanzenwissen/journal/hitze-ist-nicht-gleich-hitze-1878

Alle Lebewesen sind auf einen begrenzten Temperaturbereich evolutionär angepasst. Durch die globale Erwärmung erreichen die Temperaturen nun Werte, die seit vielen tausend Jahren nicht mehr erreicht wurden. Wenn dann die Wasserversorgung nicht ausreicht für die Erzeugung von Verdunstungskälte, nehmen die Pflanzen noch größere Schäden.

Dürre

Die letzten 2 Jahre waren in Deutschland ungewöhnlich trocken. Der Dürremonitor des Helmholtz-Insititus hat für große Teile Deutschlands teilweise die fünfte und höchste Dürre-Stufe gezeigt „Außergewöhnliche Dürre“:

Das ist sicherlich Teilweise einfach schlechtem Wetter geschuldet. Aber die Wahrscheinlichkeit für derartig schlechtes Wetter ist durch die Klimakrise erheblich gestiegen.

Video des Helmholtz Instituts zur Dürre in Deutschland

Der Klimawandel verursacht nicht zwingend fallende Niederschlagsmengen. Durch die höheren Temperaturen kann die Luft mehr Feuchtigkeit aufnehmen. Wo diese Feuchtigkeit vorhanden ist, z.B. über dem Meer, kann sie dadurch mehr Wasser aufnehmen und damit ans Land transportieren. Wo es allerdings trocken ist, trocknet die wärmere Luft die Bodenflächen noch intensiver aus. Dadurch kommt es zu dem Effekt, dass es sowohl mehr Überschwemmungen, als auch mehr Dürren gibt.

Die Voraussagen zum Klimawandel sind noch nicht genau genug um zu prognostizieren, welche Folgen das ganz genau in Deutschland haben wird.

Stürme

Das Orkantief Frederike im Frühjahr 2018 hat dem deutschen Wald schwer zugesetzt. Es geht dabei nicht nur um die unmittelbar umgefallenen Bäume, auch andere Bäume haben Verletzungen erlitten, die danach ausheilen müssen. Dazu brauchen die Bäume Ressourcen, die ihnen danach wegen der Dürre im Sommer 2018 gefehlt haben.

Auch von Stürmen nimmt man an, dass sie durch den Klimawandel wahrscheinlich intensiver werden.

Klimawandel

Wie man sieht sind die meisten Ursachen für die Baumschäden im Bürstädter Wald mit der Klimakatastrophe verbunden. Da der Klimawandel weiter rasant voranschreitet, werden die Schäden im Mittel der nächsten Jahrzehnte weiter zunehmen.

Für 2020 wird ein weiteres Dürrejahr befürchtet. Aber das steht noch nicht fest.

Was macht das mit mir?

Die Verluste in unserer Biospäre erfüllen mich mit einer tiefen Trauer, die auch durch das neueste coole Industrie-Spielzeug (Auto, Handy, Compter, Urlaub…) nicht gefüllt werden kann.

https://www.deutschlandfunkkultur.de/umwelttrauer-wie-der-klimawandel-die-psychische-gesundheit.976.de.html?dram:article_id=468019

Aussichten

Wenn wir den weltweiten Temperaturanstieg nicht erfolgreich auf 1,5 Grad oder wenigstens 2 Grad begrenzen, wie es in der Pariser Klimavereinbarung von 2015 vereinbart wurde, dann wird unser Wald 2035 keine Ähnlichkeit zum Wald meiner Jugend mehr haben.

Bürstädter Politik

Die Forderungen der Fridays for Future sind nicht aus der Luft gegriffen. Es gibt solide Wissenschaft, dass wir unsere Politik danach ausrichten müssen, den Klimawandel zu verlangsamen. Wir müssen uns überlegen, wie Bürstadt als Kommune seinen Teil dazu beitragen kann.

In der Presse…

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