Glasfaser und Klimaschutz

Wir GRÜNEN stehen dem Glasfaserausbau in Bürstadt durchweg positiv gegenüber. Glasfaser trägt auch ein wenig zum Klimaschutz bei.

Bis zum 14.6.2021 läuft noch einen Monat lang die Nachfragebündelung der Deutschen Glasfaser für Bürstadt. Als Partei wollen wir keine Werbung für eine bestimmte Firma machen, ähnlich wie ein Arzt nicht empfehlen wird „Essen Sie mehr Chiquita Bananen“, sondern er wird empfehlen „Essen Sie mehr Obst“.

Aber: Wir GRÜNEN stehen dem Glasfaserausbau in Bürstadt durchweg positiv gegenüber.

Wenn die Nachfragebündelung für Deutsche Glasfaser keine ausreichende Nachfrage ergeben wird, dann wird es voraussichtlich einige Jahre (5 – 15 ?) dauern, bis Bürstadt wieder eine Gelegenheit zum Aufbau eines flächendeckendes Glasfaser-Netzes erhalten wird.

Auswirkung eines flächendeckenden Glasfaserausbaus auf den Klimaschutz

Obwohl der Klimaschutz nicht der Hauptgrund für den Glasfaserausbau ist, und der Glasfaserausbau auch nicht das wichtigste Hilfsmittel zur Erreichung von Klimaneutralität, gibt es insgesamt dennoch gute Gründe, den Glasfasserausbau aus Gründen des Klimaschutzes zu begrüssen:

  • Der Stromverbrauch der Glasfaser-Technologie ist etwas niedriger
  • Die hohe Bandbreite erlaubt mehr Bürgern die Arbeit im Homeoffice und spart damit durch Reisen verursachte CO2-Emissionen ein.
  • Die hohe Bandbreite erlaubt die Einführung von weiteren zukünftigen Technologien zur Vermeidung von Reisen.
  • Der Ersatz von Satelittenschüsseln auf Dächern durch Glasfaser-basiertes Fernsehen verringert die Abschattung von Photovoltaik-Anlagen, die wir zukünftig massenhaft brauchen werden.

Allerdings stehen dem auch einige mögliche Nachteile gegenüber, deren Auswirkungen durch Konsumentscheidungen der Benutzer bestimmt werden:

Stromverbrauch

Lt. einem Gutachten der Technischen Hochschule Mittelhessen verbrauchen Glasfaser-Netze mit FTTH (Fiber to the Home)-Technologie im Vergleich zu Vector-DSL, (wie es derzeit im Großteil von Bürstadt zur Verfügung steht) weniger Strom. Der Unterschied ist umso größer, je höher die Nutzung des Datennetzes ist. Im Leerlauf ist der Unterschied gering.

Auf ganz Deutschland hochgerechnet geht die Studie von einer Einsparung von 240 MW (3 Watt je Bürger*in) aus, bei steigender Nutzungsintensität in den nächsten Jahren könnte dies theoretisch bis 1100 MW steigen. Auf Bürstadt mit 16453 Einwohnern bezogen wäre das eine Einsparung von 50 kW. Das entspräche etwa dem Stromertrag der Belegung von 40 Dächern mit PV-Anlagen.

Homeoffice

Während der Corona-Krise haben viele Unternehmen und Mitarbeiter*innen erstmalig die Arbeit im Homeoffce erprobt. Dabei haben einige Bürger*innen berichtet, dass ihr DSL-Basierter Internet-Zugang für diese Arbeitsweise in der Leistung nicht überzeugt.

Jede*r Bürger*in, die im Homeoffice arbeitet, erspart unserer Gesellschaft aber die mit der Arbeitsreise verbundene CO2-Emission.

  • Kalkulationsbeispiel: Eine Mitarbeiterin, die an 4 von 5 Tagen die Woche die Fahrt ins Unternehmen von 2*25 km mit dem Auto einspart, spart ca. 950 kgCO2 pro Jahr. Außerdem spart sie 2,5 Stunden Arbeitszeit pro Woche und ca. 280 € Kosten pro Monat. Da die Straßen entlastet werden, senkt das auch geringfügig die Kosten der anderen Verkehrsteilnehmer.
  • Falls die Mitarbeiterin einen Teil der gesparten Arbeitszeit nutzt, um am 5. Tag anstelle des Autos den Zug zur Arbeit zu benutzen, dann kann sie die Kosten für das Auto eventuell komplett einsparen, was Einsparpotential etwa für weitere 160€ / Monat 1 tCO2 pro Jahr birgt, weil alleine der Besitz eines Autos etwa 1tCO2 pro Jahr verursacht.

Es ist völlig unklar, welcher Anteil der Bevölkerung nach der Corona-Krise noch im Homeoffice arbeiten wird. Wenn wir willkürlich davon ausgehen, dass 1% unserer Bevölkerung durch Glasfaser-Anschluss zusätzlich so leben wird, dann wird das im Mittel 0,02 t CO2 pro Jahr und Bürger*in einsparen. Auf ganz Bürstadt hochgerechnet wären das dann 330 tCO2 / Jahr. Das entspricht der Einsparung, wenn man mit ca. 40 Dächern mit PV-Anlagen Strom aus Kohlekraftwerken ersetzt.

Weitere Technologien

Viele von uns haben in der Corona-Krise erstmalig mit Video-Konferenzen gearbeitet. Die meisten Video-Konferenzen werden nach Ende der Corona-Krise wieder durch persönliche Treffen ersetzt werden. Aber in manchen Fällen werden bei der Arbeit und bei privaten Treffen Video-Konferenzen auch CO2-Intensive Reisen mit Auto und Flugzeug ersetzen, weil sie neben den CO2-Emissionen auch Reisezeit einsparen.

Aber mit Videokonferenzen wird diese technische Entwicklung nicht aufhören. Als Softwareentwickler benutze ich täglich Fernwartungs-Technologien um die Programmierung von Maschinen in großer Entfernung auf neue Gegebenheiten anzupassen. Dadurch konnte ich schon hunderte von Reisen, teils auch nach Israel und in die USA, vermeiden.

In der Corona-Krise wurde auch eine neu fertiggestellte Maschine eines Kunden aus den USA abgenommen, während Reisen zwischen USA und Europa Corona-Bedingt nicht möglich waren. Dazu wurden in der Maschine ein dutzend Kameras angebracht, mit deren Hilfe der Kunde (und wir Entwickler) das Verhalten der Maschine in Echtzeit beobachten konnte. Auch das ist nur ein kleiner Schritt in Richtung weiterer Reisevermeidung durch Bandbreitennutzung.

In Zukunft sind Virtual-Reality-Anwendungen und Avatar-Roboter zu erwarten. Mit Hilfe von standardisierten Avatar-Robotern wird irgendwann ausgebildetes Fachpersonal manche Arbeiten ohne Anreise aus der Ferne erledigen können, für die wir heute noch anreisen müssen. Dafür werden höhere Bandbreiten benötigt, die durch Glasfaser-Netzwerke erreichbar sind.

Eine einzige Reise zu einem Kunden in den USA einzusparen, spart größenordnungsmäßig 3 t CO2-Emissionen ein.

Abschattung von Satelittenschüsseln

Um in wenigen Jahrzehnten CO2-Neutral zu werden, werden wir in Deutschland sehr viele Photovoltaik-Anlagen bauen müssen. Photovoltaik-Anlagen auf Dächern zu bauen hat im Umweltschutz Vorteile gegenüber Photovoltaik auf Freiflächenanlagen. Schätzungen gehen davon aus, dass wir für eine Vollversorgung Deutschlands mit lokalen erneuerbaren Energien ca. 70% aller dafür geeigneten Dächer mit Photovoltaik belegen müssen, etwa dieselbe Fläche noch mal auf dem Freiland und dann etwa dieselbe Leistung noch als Windkraftanlagen, die den Strom für den Winter liefern werden.Wir werden also verstärkt Photovoltaik-Anlagen auf Dächern in Ost/West Ausrichtung bauen und Photovoltaik sogar auf den Nordseiten von Dächern.

Wenn wir die CO2-Intensiven Erdgas/Öl-Heizungen durch Wärmepumpen ersetzen, dann können wir die Schornsteine von den Dächern entfernen. Wenn wir die Satelitten-Schüsseln auf Dächern durch Fernsehen über das Glasfaser-Internet ersetzen, dann verringert dies die Abschattung von Photovoltaik-Zellen auf Hausdächern. Abschattung ist für Photovoltaik-Anlagen ein grosses Problem. Schon eine relativ kleine abgeschattete Fläche kann die Effizenz einer Photovoltaik-Anlage nennenswert verringern. Denn der Schatten wandert im Laufe des Tages um die abschattende Satelittenschüssel herum.

Nachteile durch veränderten Konsum

Verschiendene Elemente ineffizienter Internet-Nutzung wie die Übermittlung von Cookies an dutzende von Werbepartnern, wenn wir die Zeitung im Internet lesen oder die Benutzung Strom-Intensiver Riesen-Fernseher werden durch die hohen Bandbreiten weiter zunehmen.

Wir sollten als Gesellschaft darauf achten, dass wir die Vorteile der neuen Technologie nicht vergeuden und dadurch einen Rebound-Effekt auslösen, der diesen Fortschritt konterkarieren würde.

Die Scientists for Future haben zu diesem Thema einen guten Podcast gemacht.

https://s4f-podcast.de/2020/09/s4f008-digitalisierung-und-suffizienz/

Fazit

Wir erwarten, dass der Glasfaser-Ausbau in Bürstadt insgesamt einen kleinen Beitrag zum Klimaschutz leisten würde.

Das wird nicht reichen, um die Kosten für Glasfaser-Ausbau zu decken, wenn man nicht ohnehin schnelles Internet benötigt. Dadurch kann sich Glasfaser als ein kleiner Baustein für eine CO2-Neutrale Zukunft erweisen. Und der Bedarf für schnelles Internet wird sowieso kommen. Wenn nicht dieses Jahr, dann ein paar Jahre später. Im Jahr 2000 war 0,768 MBit DSL üblich, heute ist bereits der langsamste DSL-Anschluss bei uns 21 mal schneller. Nie und nimmer geben die einfachen Telefonleitungen nochmals das 20-Fache her. Glasfaser kommt sowieso, wenn nicht jetzt von Deutsche Glasfaser, dann ein paar Jahre später von einem anderen Anbieter

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